🇦🇬 – Auf nach Barbuda
Willkommen zum zweiten Symi-Blog im neuen Jahr.
Nach unserer Neujahrs-Reggaeparty sehnten wir uns wieder nach etwas mehr Ruhe und segelten zwei Stunden an die Südost Ecke von Antigua. Dort erstreckt sich ein so genanntes Barriere Riff von Nord nach Süd und schützt eine große Bucht namens „Nonsuch Bay“ vor den großen Atlantikwellen. Hinter dem Riff sind die Wellen wesentlich kleiner, der Wind aber weht weiterhin ohne Barriere in die Bucht hinein. Ein Paradies für Kiter und Windsurfer. Trotz ausklingender Weihnachtsferien und einiger Megayachten und Großsegler gab es noch genügend freie Plätze zum Ankern.
Abenteuerlustig und naturinteressiert fuhren wir mit dem Schlauchboot zu den zwei in der Seekarte empfohlenen Schnorchelspots. Aber leider auch hier, wie eigentlich in fast der gesamten Ostkaribik, sind diese Riffe grau und tot. Seien es der Hurrikan 2017 oder die Wassererwärmung, die schuld sind, es bietet sich dem Schnorchler eine graue Geröllanhäufung auf dem Sandboden. Keine Fische, nur etwas Seegras.Ab und zu sieht man eine Meeresschildkröte.
Während die USA und Europa mit Eiseskälte und Schnee beschäftigt sind, wirkte sich dieses Wettergeschehen auch auf uns aus. Eine Kaltfront mit Regen senkte bei uns die Temperatur für einen Tag auf 26 Grad. Viele von Euch werden jetzt schmunzeln und sagen: „Jo eh“, aber für uns, die wir seit Grenada nie unter 29° hatten, war es eine angenehme kühle Abwechslung. Der Regen störte mich wenig, denn – manchem Leser wird das Problem bekannt vorkommen – die steuerbord Toilette wollte wieder mal gar nicht mehr arbeiten. Diesmal war jener Teil durchzuputzen, den ich vor dem einem Monat noch nicht gereinigt hatte. Installateurroutine für mich. Das Badezimmer mit seinen Wänden zerlegen, Leitungsschlauch ausbauen, Salzsäure, Bohrmaschine, akrobatische Verrenkungen, braune Spritzer an den Wänden und auf der Haut. Aber nach sechs Stunden pumpte das WC wieder wie ein Wasserfall. Und ich denke mir wieder mal, wie wahr der Spruch ist: Bluewatersailing is boat repair in exotic places.
Ein Wetterfenster mit gleichmäßigem Wind aus SO zwang uns förmlich zum Aufbruch zur Nachbarinsel Barbuda. Drei Stunden dahingleiten im Wind und schon ließen wir unseren Anker in das türkisfarbene Wasser vor dem Princess Diana Beach im Süden der Insel fallen.
Die Farbenpracht dieser Strände ist wirklich unglaublich.
Wir unternahmen mit unseren Freunden Iris & Peter auf dem menschenleeren, weißen, puderartigen Mehlstrand müßte man sagen, denn so fühlt sich dieser weiche Sand zwischen den Zehen an, einen herrlichen Strandspaziergang. Auf den drei Kilometern Strecke, die wir dahinschlenderten war niemand außer uns und die rauschenden Wellen, die rhythmisch in halbkreisförmigen Mustern türkisfarbenes Wasser auf den Strand drängten. Ein wahres Paradies. Fast am Ende dieses insgesamt 9 km langen Strandes kamen wir zu einer, derzeit geschlossenen Strandbar namens „NOBU“.
Diese hochpreisige Sushi-Restaurant-Kette (derzeit weltweit 57 Restaurants) wurde hier 2021 eröffnet. Ich las, daß ausgerechnet einer meiner Lieblingsschauspieler, Robert De Niro, aus Liebe zu diesem schönen Stück Erde, durch die Errichtung seines NOBU-Nobelresorts eine Ankurbelung der Bauwirtschaft und Förderung neuer Hotelbauten erreichen will. Alle sollen nach Barbuda zum Sushi kommen. Die Natur scheint ihm egal. Gelegen an eben diesem Strand bietet De Niro nicht nur Bar und Sushi sondern auch seit 2022 Cabanas zum Luxuswohnen an. Das Grundstück ist durch eine extrem holprige Staubstraße mit dem Hauptdorf Codrington verbunden. Das Hinterland ist Brackwasser und Mangroven. Die Gäste fliegen dem Helikopter vom Antigua Airport ein. Seit dem Hurrikan Irma 2017 ist Barbudas eigener Airport immer noch teilweise zerstört aber wird laut Plakatwänden an der Hauptstraße wieder bald aufgebaut werden. Derzeit geht daher nur Helikopterfliegen. Da kann man wenigstens gleich im Vorgarten landen und erspart sich die Taxifahrt.
Auf dem Nachbargrundstück erfüllt sich De Niro’s Traum vom großen Hotelstrand bereits. An die 30 Häuser stehen im Rohbau in der staubigen Baustelle. Aber auch das verwundert doch eigentlich nicht. Hauptsache viele neue Hotels, viel Beton und dafür gibts dann überall das gleiche Cocktail und Essens Menü, Kingsize Beds und Aircondition. Ob Rio, Fiji oder Malediven es lebe die Vielfalt. Denn diese Insel wird das selbe Schicksal erleiden, wie viele viele anderen schöne Plätze dieser Erde. Wir haben Barbuda noch fast heil erlebt. Danke.
Gestern brachte uns ein Taxi über eben diese Staubstraße zur Hauptpier von Codrington. Dort bestiegen wir ein 6-Personen Ausflugsboot und glitten durch die riesige Nordlagune in das zweitgrößte Brut und Naturschutzgebiet von Fregattvögeln auf der Welt. Nur auf den Galapagos Inseln ist die Vogel Population noch größer als diese 25.000 Individuen zählende hier.
Derzeit ist Brutsaison. Keines der Männchen, die hier im Nest sitzen, läßt sich durch uns stören. Wir gleiten lautlos vorbei, immer tiefer durch die Mangrovenstraßen. Hier sitzen sie und brüten. Die Blätter unter ihnen sind weiß vom Kot, dessen Geruch sich durch die ganze Kolonie verbreitet.
Fregattvögel sind wahre Flugmeister. Eigentlich Segelflieger. Mit ihren bis 180 cm Spannweite bei nur 1,5 kg Körpergewicht können sie sich mittels Thermik in Höhen bis 4000 Meter hinauf schrauben und auf diese Weise Distanzen bis zu 400 km täglich zurücklegen. Schwierig, sagte unser Guide, ist nur der Startvorgang. Mit ihren kurzen Beinchen und langen Flügeln müssen sie mindestens 2 Meter über dem Grund sitzen, um abheben zu können. In den Mangroven neben uns klappern die Schnäbel und blähen sich die roten Kehlsäcke der Männchen. Eine Schar von hunderten Vögeln kreist über unserem Boot. Unser Guide erläuterte uns auch mit großer Begeisterung, daß es im Leben der Fregattvögel eine Verhaltensumkehr im Vergleich zum Menschen gibt. Es sind die Männchen, die das Ei ausbrüten und die Vogelkinder drei Monate aufziehen, bis sie fliegen können. Die Aufgabe der Weibchen ist die wesentlich anstrengendere. Sie schaffen den ganzen Tag Nahrung aus dem Meer herbei und müssen Männchen und Küken füttern. Dafür hat sich beim Weibchen ein längeren Schnabel entwickelt mit dem sie im Segelflug ganz knapp über der Wasseroberfläche Fische herausfängt. Dieser Rollentausch begeisterte den sympathischen Erzähler ungemein. „The males are sitting at home doing nothing, just have to open their beaks for the food that their partners have to catch far out at sea and to bring home. That’s good life.“
Wir werden noch bis Montag hier verweilen und dann günstige NO Winde nutzen, um die 150 km bis nach Saint Martin zu absolvieren.
Herzliche Grüße von Bord und ein schönes Wochenende
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