Herzlich Willkommen zum neuesten Blog aus unserem Logbuch.

Ich erwache jetzt jeden Morgen schon um 6:30 Uhr, aber nicht weil ich auf WC müsste oder mein Ironman-Training beginnen will, sondern weil es in Wien schon Mittag ist. Und so nützte ich den frühen Wurm und begann im Boatyard bereits um 7:15 Uhr auf dem Schiff meine Arbeiten. Wer mich kennt, der weiß, dass ich KEIN Morgenmensch bin 🤪. Aber die Temperatur war noch unter 30° und das nutzte ich gerne. 
Die im letzten Blog erwähnten 70 % Luftfeuchtigkeit waren bitte deutlich untertrieben. Seit zwei Tagen hatte es 85 %. Eine ungefährliche, aber sehr intensive Regenfront mit viel Feuchte im Gepäck passierte vom Atlantik her die kleinen Antillen in Richtung Westen und brachte uns mindestens zehnmal am Tag 15 Minuten Regen. Wenn man die meiste Zeit seines Lebens in gemäßigten Breiten gelebt hatte, ist das Gehirn unweigerlich so konditioniert, dass ein Platzregen meist eine willkommene Abkühlung ankündigt, sprich: man reißt danach die Fenster auf und läßt die frische Luft herein. Dies funktioniert hier absolut nicht. Die Regenintensität kommt den Überflutungsregen im Tullner Feld im August sehr nahe, schliessen sich dann die Himmelsschleusen und der blaue Himmel mit gleissender Sonne brennt wieder auf das Boot herunter ist es noch viel feuchter als zuvor.
 Das sind die Arbeitsbedingungen hier auf dem Trockenen, im Windschutz in einem Boatyard herrschen. 
Wenn du dich fragst, was denn alles vorzubereiten wäre, könnte ich dies auf einem A4 Blatt gar nicht unterbringen. Vom Montieren der Obstnetze, der Flaggen, des Grillers, des Beibootes, die Kontrolle und ein Service am Außenbordmotor, die Montage der Rettungsringe, der Landleinenroller, der Blöcke und Schäkel, das Einziehen und Verlegen aller notwendigen Bedienungsleinen (Schoten, Fallen, Rollreff) das Auftakeln, Batterienkontrolle, Laderegler einstellen, Solarpaneele aktivieren und noch 100 andere Dinge waren zu tun.
 Der neue Propeller wollte dann natürlich auch montiert werden. Schließlich hatten wir ihn glücklich durch den US-Zoll in Miami gebracht. In meiner aufgebrochenen Reisetasche fand sich ein beigelegter Brief der US-Homeland Security Agency. Sie begründete das Aufbrechen mit einer erhöhten Bedrohungsgefahr für die Allgemeinheit. Das kennt man ohnehin aus den Filmen und Serien. Den grenadinischen Zoll haben wir auch gut besänftigt und jetzt endlich montierte ich den neuen Propeller und versiegelte ihn und seinen Partner am anderen Rumpf mit einem Spezialanstrich namens „Prop-Speed“, der gegen Muschelbefall helfen soll. Alle zwei Jahre leiste ich mir für Symi eine Rumpfpolitur. Mit guten Rotationspolierern und viel Erfahrung holen die Profis oft Unglaubliches aus dem UV-gequältem „Plastik“. Als ich mir das Ergebis ansah, waren aber leider die Bootsnamen auf beiden Bügen komplett wegpoliert.

Ein Grafik-Designer konnte innerhalb von 24 Stunden zum Glück neue Schriftzüge drucken und kleben. Der Font und das Design ist ja von mir. Unnötige Mehrarbeit.

Die fast sieben Arbeitstage vergingen naturgemäß rasch und schließlich stand das Kranen am 22.11.24 an.
Nachdem die beiden Gurten SYMI sanft ins Wasser gesetzt hatten und der Kran diese seitlich herauszog, bewegte sich SYMI in der Box hektisch an den Leinen ziehend. Windböen im Hafen ließen sie wie ein Tier wirken, das an der Leine zerrend endlich auf die Weide hinausgelassen werden will.
Große Verabschiedung von den Marina Obermechanikern und mit der Endabrechnung in der Hand, starteten wir die Motoren und tuckerten im Retourgang hinaus aus dem Hafen. Gleich 500m davor öffnet sich Prickley Bay, eine breite ruhige Bucht, in die wir hineinglitten und gleich den Anker warfen.
Es wartete jetzt noch die “floating-work“. Das sind Aufgaben, die man erst nach Öffnen der Seeventile und Spülung mit Seewasser testen und erledigen kann.
Beispiele dafür sind die beiden Dieselmotoren mit ihrer Seewasserkühlung, die WCs mit Salzwasserspülung und die Entsalzungsanlage zur Erzeugung von Trink und Brauchwasser.
Während der letzten sechs Jahre, in denen ich SYMI betreue und segle hatte ich zum Glück sehr selten mit dem WC/Sanitärsystem zu tun. Ein Pumpenschalter Wechsel vielleicht, oder die jährliche Reinigung des Schlauchsystems mit einer Tablette, die die Belege entfernen sollte.
Nach unserem Ankermanöver musste ich das WC benutzen aber die elektrische Pumpe stockte beim Abpumpen…. Aus-Schluss-Ende.
Ich sagte zu Andrea, „Ich glaub, das nächste Projekt wartet und ist ein echter Scheiss“.
Zunächst musste ich die Ableitung von der WC Schüssel bis zum Fäkalientank ausbauen und reinigen. Eine – verzeih/ Scheiss Arbeit 🤮.
Der Abwasserschlauch ist circa 2 m lang, mit 10 cm Durchmesser. Nach dem mühsamen Ausbau, der sich natürlich hinter und unter dem Wandverbau des Badezimmers abspielte, war meine Diagnose schnell gestellt. Periculum Vitae – wie wir Mediziner sagen: lebensbedrohlich. Der 10 cm Durchmesser war durch massive „arteriosklerotische 💩 Ablagerungen“ verschlossen. Ein Schlaganfall oder Herzinfarkt war vorprogrammiert. An Bord ist eine Akutintervention nur mit Salzsäure möglich. Diese leerte ich nun vorsichtig in das Rohr hinein. Es begann zu glucksen, zu schäumen und das Rohr würgte einen bräunlichen Brei aus seinem Innersten, der außen den Schlauch hinunter rann. Das Würgen wollte nicht aufhören. Ich stand bei 32°, den Würgeschlauch bändigend mit braunen Händen in der Dusche und dachte an …. Schöneres.
Andrea beschäftigte sich gleichzeitig mit dem anderen Stück des Abflussschlauches mit dem Rückschlagventil, dass ebenfalls komplett verlegt war. Mit einem Stück dicken Draht, den ich in die Bohrmaschine einspannte, konnte ich mich endlich mittels der lösenden Salzsäure millimeterweise durch die Verengung bohren. Die Details dazu erspare ich Euch. Nach circa 2 Stunden war die Brausetasse unseres Bads, in der ich stand, voll gefüllt von steinartigen, beige-braunem Geröll-Gatsch. Die genaue chemische Zusammensetzung konnte ich nicht analysieren, aber Kalk war auf alle Fälle dabei und Harnstein. Gesammelt ergab es ungefähr vier Kilo Sediment, dass wir aus den 2 Metern Schlauch in einem Sack entsorgen konnten. Den operierten Schlauch schlossen wir dann wieder an seine richtige Stelle an. Das Ergebnis war einfach fantastisch. Es herrschen jetzt Druckverhältnisse beim Abpumpen wie in einem Flugzeug WC. Projekt erfolgreich beendet.

Da wir uns nach 4 Stunden Arbeit nach etwas Abkühlung sehnten, schaltete ich die Klimaanlage ein. Nach 15 Sekunden gab es ein Auto-OFF wegen Überlastung.
 Wieder etwas kaputt! Nach der Druckprüfung der Zu-und Abläufe des Kühlwassersystems musste das Problem an der Wasserpumpe liegen. Verdreht, am Bauch und halb in der Bilge (der unter den Bodenbrettern befindliche Rumpfteil) liegend, mit zerkratzten Armen und Händen, schraubte ich den Deckel der Wasserpumpe ab. Diagnose: korrosionsbedingtes Festsitzen der Motorachse. Mit etwas Sonax konnte ich sie wieder zum Laufen bringen. Somit haben wir Gott sei Dank auch wieder eine Klimaanlage.
 Am Dienstag, den 26.11.24 machten wir endlich ein Probesegeln. Ein paar Feineinstellungen am Segel und schon ging’s dahin. Wir ankerten in der Grand Mal Bay und besuchten den dortigen Naturpark. Hier wurden nach dem Hurrikan Ivan 2004 verschiedene Betonskulpturen vom britischen Künstler Jason deCaires Taylor von auf den Sandboden zwischen das existierende Riff gesetzt, um eine Vergrößerung zu erzielen. Die Objekte sehen, wenn man zu ihnen abtaucht ziemlich gruselig aus und stehen in 5-10m Tiefe.

Heute Morgen ging der Anker hoch und wir segelten bei frischem Wind zur nördlich gelegenen Insel Carriacou, die der Hurrikan Beryl am 1.7.24 epizentrisch traf. Wir ankerten neben Sandy Island. Leider hat es diese kleine Insel zweigeteilt und die übrig gebliebenen Palmen 🌴 stehen 45 Grad nach WNW verbogen da. Voriges Jahr feierten wir unter diesen Palmen Sylvester.

Wir wünschen Euch
 alles Gute🏝️bis bald