🇻🇨 – Hurrikanschäden in den Grenadines, Bombardement der Tölpel
Herzlich Willkommen zu einem neuen Blog von Bord Symi.
Wie ich bereits berichtet habe, ankerten wir zwei Tage vor der kleinen Insel „Sandy Island“ (vor Carriacou), die im Juli ziemlich zerstört worden war.
Große Freude hatten wir, als ein Motorboot mit einem Burschen namens John bei uns anlegte und uns einlud, in das nach dem Hurrikan Beryl wieder neu errichtete Restaurant „Paradise“ zum Abendessen zu kommen. Wir sagten gerne zu und wurden um 17:00 Uhr an den Strand gefahren und stiegen vor dem Restaurant aus. Das wieder aufgebaute „Paradise“ zu sehen, fühlte sich wirklich sehr positiv an, beinahe kam etwas Rührung bei uns auf, als wir wieder freundlichst von der vollzähligen Familie begrüßt wurden. In diesem Restaurant waren wir im Jänner 2024 zu Gast.
Sie hatten den Hurrikan überlebt und es dann in vier Monaten !!! geschafft, den komplett zerstörten Familienbetrieb von Grund auf neu aufzubauen. Zwar lagen noch diverse geknickte Baum und Palmenreste herum, das Restaurant aber erstrahlte im selben Hellblau/Weiss wie früher. Die vielen bemalten Holztafeln, die Segler hier in den vergangenen Jahren mit den Schiffsnamen darauf, an die Wand genagelt hatten waren zwar viel weniger (die Hälfte ist davon geflogen) aber das Flair passte. Die älteste Schwester erzählte uns eine halbe Stunde über den Wiederaufbau und wie schwierig die Organisation war. Zum Glück verlor niemand hier auf der Insel sein Leben. Nachdem sie eine Woche nach dem Hurricane in Amerika eine Bestellung für drei Container mit Holz, Einrichtung für die Küche und Bar etc. aufgegeben hatten, warteten Sie vier Wochen auf deren Ankunft. Dann erreichten die Container endlich die kleine Insel, wurden an der Hafenmole vom Schiff gekrant. „And then the problems really started“, sagte sie. Der Zollbeamte von Carriacou verlangte von ihr, jeden Gegenstand aus dem Container auf die Mole zu legen und ihn auf der Bestellliste zu bestätigen. Ihr Ärger war einfach riesengroß, denn während sie 10 Stunden Container aus und wieder einräumte, liefen die Kosten für den wartenden Containertruck Fahrer und mehrere lokale Helfer weiter. Außerdem war es heiß und die ab und zu vorbeiziehenden Regengüsse durchnässten das neue Holz und die Einrichtung, die auf der Pier verteilt lagen. So wurde also dem Beamten recht getan und sie konnten mit dem Aufbau beginnen.
Ich dachte mir beim Zuhören, man muss also gar nicht in der EU sein, um sich über überbordende Bürokratie zu ärgern. Die gibt es wirklich immer und überall.
Wir genossen jeder einen halben Lobster mit ausgezeichnetem Weißwein und kamen auch mit verschiedenen Seglern an anderen Tischen ins Gespräch. Wir genießen solch Segelbekanntschaften immer, weil sie nicht nur menschlich bereichernd und sehr kurzweilig sind, sondern sie auch oft die Möglichkeit eines Erfahrungsaustausches bieten.
Oft lernt man in diesen Gesprächen über geplante Segelziele mehr als man in Büchern je lesen kann und bekommt gute Tips.



Am nächsten Tag mussten wir uns den Ausklarierungsstempel holen, weil wir nun den Staat Grenada/Carriacou verließen.
Leider regnete es während wir die nächste Insel Union Island anliefen. Beim Ankermanöver stand Andrea dann im vollen Wolkenbruch am Vordeck und wurde waschelnass.
Schon von weitem war sichtbar, dass diese Insel und ihre Hauptstadt das Maximum an Zerstörung ertragen musste. Wir fuhren mit dem Beiboot zur Anlegestelle, oder dem was übrig geblieben war. Ein Stück Mauer mit Brücke.

Das Hotel dahinter wurde gerade renoviert und wir stiegen mit den Flip Flops durch tiefe Lacken und Gatsch und fragten einen Arbeiter nach dem Zoll Büro, dessen früherer Standort ja davon geflogen war. Er sah Andrea an, schaute auf die tiefen Lacken und Morast am Boden vor ihr und forderte sie dann auf, sich auf seinen Rücken zu hängen. So brachte er sie trockenen Fußes in den Hotelinnenhof. Dort in einem kleinen Zimmer residiert die Behörde derzeit bis ihr Bürogebäude wieder aufgebaut sein wird. Der Behördenweg war schnell erledigt und wir wollten uns einen Eindruck vom Zustand der kleinen Stadt machen. Nur betonierte Gebäude mit dicken Grundmauern widerstanden den 250km/h Böen. Alle Häuschen des Marktes und Parks aus Holz waren verschwunden. Ohne Zeichen, dass dort jemals etwas gestanden hatte. Nahe dem Hotel war eine Zeltstadt errichtet worden. Für jene, die seit Juli ohne Haus waren. Kinderstimmen und leise Musik tönte aus einigen Zelten herüber.


Der wieder einsetzende Regen lies dieses Post-Katastrophen Szenario noch trauriger wirken. Wir kehrten mit dem Beiboot zu Symi zurück, verließen Unions fast leeren Hafen und segelten ein paar Meilen zur nächsten kleinen Insel namens Mayreau.
Diese 300 Seelen Insel hat einen schönen langen Strand, an dem wir den Anker fallen ließen.
Gleich neben uns ankerten unsere deutschen Freunde mit ihrer Helia-44 „Vitila“. Mit ihnen besuchte wir noch am Nachmittag den Hauptort. Vor Hurrikan Beryl am 1.7. hatten wir hier noch gemeinsam schöne Tage verbracht. Waren herumspaziert und vor allem die herzige kleine Kirche des Ortes blieb uns sehr gut in Erinnerung.
Nur massiv betonierte Häuser mit Fundament und betonierten Flachdächern konnten hier überleben. Gebrochene Telegrafenmasten, hängende Leitungen, gebrochene Palmen und Bäume oder das übriggebliebene Fundament eines Holzhauses ließen uns Mitleid aber auch große Hilflosigkeit empfinden, während wir die steile Straße durch den Ort bergauf schlenderten.
Übermannshohe Wassertanks waren wie Blätter durch die Luft geflogen und lagen jetzt irgendwo in der Landschaft.
Sogar die gemauerte Kirche mit ihren bunten Glasfenstern und dem kleinen Glockenturm war zerstört.
Ohne Dach stand sie da. Rundherum Haufen von Schutt und ein paar grasende Ziegen dazwischen.

Auch hier auf Mayreau wurde wieder aufgebaut, nur durch die ohnehin schon davor bestandene große Armut ging dies offensichtlich wesentlich langsamer voran. „Das Leben geht weiter“ sagt uns Dan, der Restaurantbesitzer. „Diesmal bauen wir mit Stahlbeton“ erklärte er uns stolz.

Am Strand boten einheimische Männer an, für uns Huhn oder Lobster zu grillen. Wir sagten sofort zu. Wenigstens das können wir unterstützend tun, zu essen. Das reinigt das Gewissen nur bedingt, ist aber besser als unverrichteter Dinge die Insel zu verlassen, wie ich es später bei den Touristen der Kreuzfahrtschiffe beschreibe.
Wir setzten uns an einen improvisierten Tisch oben am Strand, einer von ihnen brachte Bier in seiner lauwarmen Kühltasche, der Andere kreolischen Reis und schon brutzelten die frischen Lobster und Hendlhaxen am Gitter, während die Sonne schnell unterging.

Der nächste Tag begann regnerisch und bei all der Zerstörung, die wir bisher sahen, hatten wir uns gewundert, warum ausgerechnet der kleine 15m lange Anlegesteg, den alle Segler für ihre Beiboote verwenden bereits komplett renoviert dastand. Die Erklärung dafür folgte nach einem Schiffshornton, den ein mittelgroßes Kreuzfahrtschiff beim Ankern hinter uns abgab. Meiner Recherche nach fahren mehrere dieser kleinen Kreuzfahrtunternehmen von den amerikanischen Jungferninseln ausgehend wöchentlich diese Insel an und garantieren ein perfektes tropisches Erlebnis. Dazu benötigen sie nun mal einen stabilen Anlegesteg, auf dem sie ihr weißes Partyzelt zum Schattenspenden bei der Ankunft ihrer Passagiere aufstellen können. Den Wiederaufbau der Stege auf den für sie wichtigen Inseln können sie sich sicher leisten. Dazu ein paar Sessel und im Nu werden die 300 Passagiere in den Rettungsbooten an Land gebracht.



Dort hatte die Mannschaft des Kreuzfahrschiffes, für mich im Morgengrauen unbemerkt, an die 100 Liegestühle mit Sonnenschirm so aufgestellt, so dass dieser Ort nun wie ein typischer Hotelstrand aussah. So einer, wie es ihn auf der Welt überall gibt. Als alle Passagiere inklusive der Rollstuhlfahrer und Rollator Benutzer am Strand angekommen waren, startete auch die Unterhaltungsmusik. Um nicht zu verhungern gab es gleich beim Anlegen auf dem Anlegesteg ein Mini Buffet mit Fingerfood. Sogar Paddelboote gab es zur freien Benutzung. Die interessierten aber niemanden.
Das Strand Spektakel dauerte bis 15:00 Uhr, danach wurden alle wieder auf Schiff zurück gebracht. „Zurückbringen“ hier bedeutet, dass die ca. für 40 Personen ausgelegten Rettungsboote x-Mal hin und her fahren müssen. Alleine die Bilanz solcher Transporte, ganz abgesehen von der schlimmsten aller Luftverschmutzungen durch das Schweröl der Traumschiffe, ist für mich unerträglich. Die Kreuzfahrtindustrie hat 2024 das beste aller Jahre hinter sich. Fein !
Dann wurde der Strand etwas geputzt und auch die Betten mittels Transportschiff auf dem Traumschiff verstaut. Um 20:00 Uhr ging es Anker auf und laut Internetplan über Nacht zur selben Insel zu der wir am nächsten Tag aufbrechen wollten. Bequia. Genug geklagt liebe Leute, aber als ökonomisch Reisende betrachte ich diese Riesen der Meere nur mehr als Feinde und Verdrecker. Auf Symi haben wir im Jahr 2024 rund 11.000 km zurückgelegt und dabei für die gesamte Energie an Bord rund 350 Liter Diesel verbraucht…
Dafür hat die Kreuzfahrt Branche in der Karibik rund 15 Millionen Passagiere herumgefahren. Die Gesamteinnahmen liegen nur hier bei 80 Milliarden US $.
Der folgende Segeltag war herrlich. Passender Wind aus Ost schob SYMI flott nach Norden. Da wir im Mai und Juni die restlichen grenadinischen Inseln besucht hatten ließen wir viele aus und ankerten in der Admirality Bay auf Bequia. Ein Ort, den wir sehr gerne mögen. Hier hinterließ Beryl keine Spuren.
Um unsere Kondition zu verbessern wanderten wir mit Doris und Uwe auf den 260 Meter „hohen“ Berg über der Bucht. Der schlecht beschilderte Weg zwang uns anfangs durch den dichten Dschungel zu kämpfen, vom Gipfel aber hatten wir eine wunderbare Aussicht auf die große Bucht.


Nach Obst und Gemüse Einkäufen checkten wir bei den Behörden nach ein paar Tagen aus und starteten an die NW Seite der Insel Saint Vincent. Wir beschlossen wegen der Überlänge des Weges (insgesamt 175km) nach Martinique diesen Stop in der malerischen Chateaubelair Bay auf St. Vincent zu machen. Der schlechte Ruf der Insel bewahrheitete sich zum Glück nicht.
Es standen an die zehn andere Segler hier. Das gibt dir, zumindest im Kopf, eine gewisse Sicherheit beim Einschlafen.


Der 160km Segelschlag von hier ging zunächst flott und ohne große Wellen an der Westküste St. Vincents hoch, dort erwartete uns die langgezogene Antlantik gepaart mit diversen kleineren Wellen, deren Ursprung ich nicht eruieren konnte. Dieses Gemisch gewürzt mit 40-50km/h Ostwind ließ SYMI mit 7,5-8,5 Knoten teilweise sogar 10 Knoten in Richtung Norden flitzen (das klingt für Nichtsegler nach nicht viel, ist aber wirklich ein flottes Tempo für unsere Bootskategorie). Saint Lucia passierten wir auch im Westen ohne Welle und mit feinem Wind. An der Ecke nach Castries ging das unruhige Segeln aber wieder los.


Da bei den heftigen Bewegungen manchmal Dinge an Bord verrutschen, wollte Andrea die Fußmatte retten, beugte sich über eine der Rückenlehnen Richtung Boden … SYMI krachte gerade in ein Wellental und ihre 7. Rippe links knackste kurz. Keine Fraktur – laut Schiffsarzt – aber blöd schmerzhaft 😥 angeknackst oder geprellt.
Begleitet wurden wir bei unserem wilden Ritt von Maskentölpeln, die ungeniert ein, zwei Meter neben uns herflogen und sich dann wie Torpedos auf die vor Symis Bug fliehenden fliegenden Fische stürzten. Ein lustiges Schauspiel, mit dem Nachteil, dass diese Viecher andauernd im Flug ihre Seeventile öffnen und das in Windrichtung von uns. Das Ergebnis war ein von vorne bis hinten angeschissenes Boot. Das ist der Preis, aber toll war’s trotzdem ihnen zusehen zu dürfen.

Der Vorteil des schnellen Segelns ist: man ist früher da. So kamen wir noch weit vor dem 18:00 Sonnenuntergang in der sicheren Bucht von Saint Anne auf Martinique an.

Hier werden wir Vorweihnachts Shopping machen und dann nach Guadeloupe weiter segeln.
Ich werden in wenigen Tagen darüber berichten.
Euch allen einen schönen 3. Advent Sonntag.
Vorweihnachtliche Grüße von Bord Symi