🇻🇨 – Von Bequia nach 🇱🇨 – St.Lucia
Auch wenn die Elizabeth Bay mit ihrem Princess Margret Beach, ihrem türkis Wasser, Palmenstrand und nettem Ambiente großartig war, verspürten wir nach fast einer Woche am gleichen Ort den Drang zu einem Ortswechsel und auf neue Abenteuer auf dem Meer.
So lichteten wir den Anker in der Dunkelheit um 4:30 Uhr und liefen aus der Bucht aus. Ich umfuhr die von einigen uralten verrostenden Wracks markierte Westecke (bezeichnender Weise ist sie auf der elektronischen Karte als „Devils table“ ausgewiesen) mit großem Bogen und setzte Kurs an die Südwestecke der nächsten nördlich gelegenen Insel – St. Vincent.
Sie beherbergt die Hauptstadt des Inselstaates St. Vincent and the Grenadines, Kingstown.

Die indigenen Ureinwohner dort vermischten sich mit afrikanischen Sklaven, die im Jahr 1635 durch ein Schiffsunglück zweier Sklaventransporter auf dem Weg von Afrika nach Amerika an der Insel strandeten. Wie fast alle Inseln hier in den West Indies stritten sich Franzosen und Engländer jahrhundertelang um die Vorherrschaft, bis schließlich 1979 ein eigener Staat entstand.
Die von dichtem Urwald bedeckte Insel mit ihrem 1200 m hohen aktiven Vulkan „El Soufriere“, bot uns im Vorbeifahren einen wilden Anblick. Durch den Regen erkannten wir vom Boot aus die schwarzen Lavazungen, die sich bei seinem letzten Ausbruch im April 2021 durch den üppig grünen Urwald bis ins Meer geschlängelt hatten. St. Vincent hat steile Hänge mit einzelnen Palmen aber nur wenig einladende Strände, deren Sand vulkanisch schwarz ist.

Ich habe mich vor unserer Reise in vielen Foren, YouTubes und Blauwassermagazinen über die Sicherheit der einzelnen Staaten schlau gemacht. Auf St. Vincent kam und kommt es zu auffällig vielen Diebstählen und nächtlichen Überfällen auf Yachten, teilweise sogar mit tödlichem Ausgang. Es war also klar, dass wir einen Bogen um dieses Eiland machen würden, ohne die „Gastlichkeit“ einer Bucht zu nutzen.
Eine Anekdote: als ich 1997 bei meinem lieben Freund Reinhard auf der „Isichia“ zu einem 10 Tage Besuch hier in der Karibik war, ankerten wir in einer dieser Buchten und hatten nachts lästigen Besuch von dunklen Gestalten, die einen Kübel Gras für Reinis Außenbordmotor boten. Wir lehnten strikt ab, am nächsten Morgen bemerkten wir das Fehlen unserer Badeschlapfen, die wir irgendwo am Heck des Bootes hingelegt hatten.
Zurück auf SYMI. Wir motoren also die Westküste hinauf und hatten an der Nordspitze wieder genug Wind, um die Segel zu setzten und bei herrlichem Wind aus NO und 2 Meter hoher Atlantikwelle bis an die Südspitze der nächsten nördlichen Insel, St. Lucia zu gelangen. Im Sonnenschein erkannten wir die beiden Wahrzeichen der Insel, die zuckerhutartigen 700 m hohen erkalteten Vulkankerne namens „Les Pitons“, bis uns dann ein Squall mit 50 km/h Windböen und einem waschstraßenartigen Tropenregen alle Sicht raubte.
Squalls sind in den Tropen häufig auftretende, rasch heranziehende Regenfronten mit einer vor sich herziehenden Windböenfront.
Der Regen und die Squalls scheinen uns überhaupt seit Tagen nicht mehr verlassen zu wollen. Jeden Tag sind wir sicherlich drei Stunden heftigsten Regenfällen und viel Wind ausgesetzt. Dies hat, wie ich schon im letzten Blog erwähnte, mit El Niño und seiner Tätigkeit in den USA zu tun.

Da ich seit mehr als 30 Jahren mit Einrumpfbooten in Griechenland und sonst wo herumgesegelt bin und genau weiß, wie unangenehm starker Wind, spritzendes Wasser und Regen während längeren Fahrten am Steuer sein können, hatte ich für unsere Langfahrt mit SYMI den festen Plan, mein Boot so auszustatten, dass ich dieses Problem in den Griff bekomme.
Ich begann im Vorjahr in Griechenland mit dem Bau einer Umhausung des Steuerstands. Das Stoffdach über dem Steuer wurde bereits dort durch eine Polyester Hardtop Konstruktion ersetzt.
Nach etlichen YouTube Videos und Übung zu Hause an meiner Nähmaschine machte ich mich während unserer Mittelmeerdurchquerung an die Arbeit. Die bestellte Klarsichtfolie mit 1 mm Stärke hatte ich zusammen mit Zippverschlüssen, Druckknöpfen und Spannbändern an Bord. Meine Sailrite Industrienähmaschine ebenso. Mit dem Bauplan im Kopf nähte ich mich Stück für Stück, Fenster um Fenster weiter, während wir durch das Mittelmeer segelten. Mit Hilfe von Zippverschlüssen ist es nun möglich alle vier Fenster zur durch Lüftung offen zu halten und im Bedarfsfall bei viel Wind oder Regen zu schließen.
Somit ist unsere Bordroutine beim Auftreten eines Squalls die Segel zu reffen (zu verkleinern) und sodann die Fenster des Karbäuschens zu verschließen. Dann kann kommen, was will, ich bleibe trocken am Steuer. Ein genialer Luxus-selbst gemacht.



Wir blickten also durch die Plastikglasscheiben auf die verregnete Bucht unter den Pitons und schalteten dann die Motoren ein, um rechtzeitig unseren reservierten Platz in der Marina an der Nordwestseite von St.Lucia Rodney Bay zu erreichen.

Wir dampften die Westküste entlang, die bei Sonnenschein die prachtvollsten Buchten zeigt, mit türkis Wasser, Palmen und allem was dazu gehört. Ich hingegen schaltete das Radar ein, da sich die Sicht inzwischen auf maximal 100 Meter reduziert hatte. Jetzt waren wir nicht mehr in der Karibik, sondern es fühlte sich wie November in Schottland an. Nur die Lufttemperatur lag wie immer bei 28°.
Zehn Minuten vor der Deadline, zu der keine neu ankommenden Boote mehr in der Marina Rodney Bay angenommen werden, zischten wir in einer kurzen Regenpause in unseren Platz, machten fest und waren glücklich, die gleich wieder aufziehenden Windböen und den Querregen an einem sicheren Ort zu überstehen.
Marinazeiten wirken auf mich oft wie ein kurzer Trip nach Hause auf festen Boden. Dort brauche ich mich für kurze Dauer nicht so intensiv mit dem bevorstehenden Wetter zu beschäftigen, weil SYMI wahrscheinlich, bis auf Tropenstürme, sicher liegt. Entspannung ist angesagt. Luken bleiben zu, das Boot war noch nie so sauber gewaschen.
Fortsetzung folgt . . .